1988: Nordkorea

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Im Zug sind viele Bekanntschaften möglich. So traf ich 1987 ein Führungsmitglied des Komsomol, der Jugendorganisation der KPdSU der UdSSR. Wir kamen in’s Gespräch und er lud mich zu einem Workshop mit einer Delegation zum Aufbau der Weltjugendfestspiele nach Pjöngjang ein. Naja, wer’s glaubt… Tatsächlich kam wenig später die Einladung und wir flogen im Oktober 1988 mit mehreren jungen Leuten aus der BRD und der Schweiz von Schönefeld (damals noch DDR) und Moskau nach Nordkorea.

Sechs Wochen sollten wir in hier beim Aufbau der Sportstätten beitragen. Unsere Brigade setzte sich aus jungen Menschen der FDJ, des Komsomol und uns aus dem Westen zusammen. Wir legten Parkett in einer Sporthalle unter Aufsicht Norkoreanischer Jugenbdlicher. Ahnung hatte niemand von uns, und die Arbeit war eher kurz und vergnüglich. Die übrige Zeit reisten wir durch das Land. Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Kaufläden erwarteten uns ebenso wir die Grenze zu Südkorea in Panmunjom und das Diamantgebirge im Norden.

Eine Massensportveranstaltung im Stadion durfte ebensowenig fehlen, wie der Besuch fast religiöser Stätten aus dem Leben des damaligen Staatspräsidenten Kim Il Sung. Vor dem Geburtshaus des Staatsgründers posieren Schülergruppen und die Statuen auf dem Heldenfriedhof kennt jedes Kind.

Wir aus dem Westen waren die kommunistischen Verhaltensregeln nicht gewöhnt und rannten überall auch alleine hin. So trafen wir viele Menschen auf der Straße. Erst zum Unmut unserer Aufpasser, die aber später aufgaben und uns freundlich begleiteten. Die anfängliche Skepsis der Nordkoreaner, die sehr selten Westdeutsche getroffen haben, wich schnell der Erkenntnis, „wenn die hier sind, müssen sie die Guten sein“.

Ein wichtiges Staatsziel war (ist) die Wiedervereinigung mit dem Süden. Daher wurden wir Besucher aus West- und Ostdeutschland oft nach unserer Zielen und Ambitionen gefragt. Wir hatten wenig dazu zu sagen, da es sehr weit weg erschien. Das es ein Jahr später soweit sein sollte, konnte noch niemand ahnen.

An einem der letzten Tage kamen wir an den Sportstätten vorbei, in denen wir mitgearbeitet hatten. Wir waren lange nicht mehr da gewesen und wollten den Baufortschritt begutachten. Unsere Begleiter drucksten herum und wollten lieber weiter. Wir liefen also vor und in der Halle wurde gerade der gesamte Parkettboden wieder herausgerissen. Ihnen war es peinlich, wir haben uns amüsiert. Wer kann schon unausgebildet einen perfekten Sportboden legen? Es war ein symbolischer Arbeitseinsatz und wir bekamen noch alle unsere Bestarbeiterfähnchen für den Schreibtisch.

Ich werde immer wieder nach der Atmosphäre im Land gefragt. Damals waren wir zum einem mit Anfang 30 vielleicht etwas unvoreingenommener und neugierig, daher fielen uns viele Dinge zwar auf, waren aber schwer einzuordnen. Die dauerhafte Beschallung mit Musik und Parolen, die Spruchbänder überall, die ständige Begleitung und Beaufsichtigung der Arbeiter:innen. Keine Autos, keine Fahrräder, es sollte nicht wie in China zu der Zeit sein, Armut auf dem Land und vieles mehr. Insgesamt aber nicht so repressiv wie es mir heute von Kolleg:innen berichtet wird.


English version below



Many acquaintances can be made on the train. In 1987, for example, I met a leading member of the Komsomol, the youth organisation of the CPSU of the USSR. We got talking and he invited me to a workshop with a delegation to organise the World Youth Festival in Pyongyang. Well, if you can believe it… The invitation actually came a little later and in October 1988 we flew with several young people from the FRG and Switzerland from Schönefeld (then still the GDR) and Moscow to North Korea.

We were to spend six weeks here helping to build the sports facilities. Our brigade was made up of young people from the FDJ, the Komsomol and us from the West. We played in a sports hall under the supervision of North Korean youth leaders. None of us had a clue, and the work was rather short and enjoyable. The rest of the time we travelled around the country. Schools, kindergartens, hospitals and shops awaited us, as did the border with South Korea in Panmunjom and the Diamond Mountains in the north.

A mass sports event in the stadium was just as much a part of the programme as a visit to almost religious sites from the life of the then President Kim Il Sung. Groups of schoolchildren pose in front of the birthplace of the country’s founder and every child recognises the statues at the Heroes‘ Cemetery.

We from the West were not used to the communist rules of behaviour and ran everywhere on our own. So we met lots of people on the street. Initially to the displeasure of our minders, but they later gave up and accompanied us in a friendly manner. The initial scepticism of the North Koreans, who very rarely met West Germans, quickly gave way to the realisation that ‘if they are here, they must be the good guys’.

Reunification with the South was (is) an important national goal. We visitors from West and East Germany were therefore often asked about our goals and ambitions. We had little to say about it, as it seemed very far away. Nobody could have guessed that it would happen a year later.

On one of the last days, we passed the sports facilities where we had been working. We hadn’t been there for a long time and wanted to see the progress of the work. Our companions were fussing about and wanted to get on with it. So we walked ahead and the entire parquet floor in the hall was being ripped out again. They were embarrassed, we were amused. Who can lay a perfect sports floor without any training? It was a symbolic work assignment and we all got our best worker flags for the desk.

People keep asking me about the atmosphere in the country. In our early 30s, we were perhaps a bit more open-minded and curious back then, so we noticed a lot of things but found them difficult to categorise. The constant sound of music and slogans, the banners everywhere, the constant escort and supervision of the workers. No cars, no bicycles, it wasn’t supposed to be like China at this time, poverty in the countryside and much more. Overall, however, not as repressive as colleagues report today.